Die Datenschutz-Folgenabschätzung

Die Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) ist ein wichtiges Instrument der DSGVO. Bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten mit hohem Risiko bewirkt sie, dass Maßnahmen gefunden werden, dieses Risiko einzudämmen.

Eine DSFA ist für Unternehmen essenziell, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten, Bußgelder zu vermeiden und Datenschutzrisiken aktiv zu managen. Sie ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine Chance, das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern zu stärken.

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Was ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung?

Eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) ist ein Verfahren zur Bewertung der Risiken einer Datenverarbeitung für die Rechte und Freiheiten betroffener Personen. Sie ist nach Artikel 35 DSGVO erforderlich, wenn eine Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko darstellt. Verantwortlich für die Durchführung ist der Verantwortliche des Unternehmens, nicht der Datenschutzbeauftragte.

Eine DSFA muss laut Gesetz folgende Mindestanforderungen erfüllen:

  • Bewertung der betroffenen persönlichen Aspekte natürlicher Personen,
  • Analyse der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Verarbeitung,
  • Risikobewertung hinsichtlich der Rechte und Freiheiten der Betroffenen,
  • Definition von Abhilfemaßnahmen, um diese Risiken zu minimieren.

Ziel der DSFA ist es, Datenschutzrisiken proaktiv zu erkennen und zu minimieren, bevor es zu einer Datenpanne kommt. Unternehmen vermeiden nicht nur hohe Bußgelder, sondern können auch Risiken erkennen und Datenpannen vorbeugen.


Wann ist eine DSFA erforderlich?

Eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) ist erforderlich, wenn eine Datenverarbeitung ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen darstellt.

Die DSGVO legt dazu in Artikel 35 Abs. 3 konkrete Regelbeispiele fest, darunter:

  • Automatisierte Verarbeitung und Profiling, wenn dies für Entscheidungen mit rechtlicher oder erheblicher Wirkung genutzt wird.
  • Umfangreiche Verarbeitung besonderer personenbezogener Daten (z. B. Gesundheits- oder Strafdaten).
  • Systematische und umfangreiche Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche.

Darüber hinaus sind folgende Risikokriterien ein Indikator für die Erforderlichkeit einer DSFA:

  • Scoring und Profilbildung,
  • Automatisierte Entscheidungen,
  • Verarbeitung sensibler Daten in großem Umfang,
  • Systematische Überwachung,
  • Einsatz neuer Technologien oder biometrischer Verfahren,
  • Datenverarbeitung, die Betroffene an der Rechtsausübung hindert.

Einzelne Kriterien allein erfordern nicht zwingend eine DSFA, doch bei mehreren erfüllten Punkten ist sie notwendig. In Zweifelsfällen sollte sie stets durchgeführt werden. Zudem muss eine DSFA spätestens alle drei Jahre wiederholt werden.


Risikobewertung in der Datenschutz-Folgenabschätzung

Die Risikobewertung ist ein zentraler Bestandteil der Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) gemäß Artikel 35 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Ein Risiko im Sinne der DSGVO liegt vor, wenn ein Ereignis eintreten kann, das einer oder mehreren natürlichen Personen schadet.

Dieses Risiko wird anhand zweier Dimensionen bewertet:

Schwere des potenziellen Schadens: Wie gravierend wären die Auswirkungen auf die betroffenen Personen?
Eintrittswahrscheinlichkeit: Wie wahrscheinlich ist es, dass das schädigende Ereignis eintritt?​

Basierend auf diesen Dimensionen unterscheidet die DSGVO drei Risikostufen:​

  • Geringes Risiko: Hier sind sowohl die Schwere des potenziellen Schadens als auch die Eintrittswahrscheinlichkeit niedrig. In solchen Fällen können bestimmte Verpflichtungen für den Verantwortlichen entfallen, beispielsweise die Meldepflicht bei Datenschutzverletzungen oder das Erstellen eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten.​
  • Normales Risiko: Dieses Niveau wird erreicht, wenn entweder die Schwere des Schadens oder die Eintrittswahrscheinlichkeit moderat ist. Typische Beispiele hierfür sind die Verarbeitung von Adresslisten oder Einkaufsverhalten.​
  • Hohes Risiko: Ein hohes Risiko liegt vor, wenn sowohl die potenzielle Schwere des Schadens als auch die Eintrittswahrscheinlichkeit hoch sind. In solchen Fällen ist eine DSFA zwingend erforderlich, um geeignete Schutzmaßnahmen zu identifizieren und umzusetzen.​

KMU und die Datenschutz-Folgenabschätzung

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) stehen bei der Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung vor besonderen Herausforderungen. Häufig fehlen Ressourcen und Kapazitäten und eigene Verantwortliche für Datenschutz.

Folgende Herausforderungen beschäftigen die meisten kleineren Unternehmen:

Geringere Datenmengen, aber mäßiges Risiko
KMU verarbeiten in der Regel weniger personenbezogene Daten als Großkonzerne, was das Risiko tendenziell verringert. Dennoch sind bestimmte Verarbeitungen, wie z. B. die Nutzung von Kundenprofilen oder Videoüberwachung, potenziell risikobehaftet und können eine DSFA erfordern.

Fehlende interne Datenschutz-Expertise
Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitenden sind verpflichtet einen Datenschutzbeauftragten (DSB) zu bestellen. Viele kleine Unternehmen lösen das aus Kostengründen intern. Dabei fehlen oft die nötige Zeit und das Fachwissen – vor allem für aufwändige Aufgaben wie eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA). In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, externe Datenschutzbeauftragte hinzuzuziehen.

Fehlende Erleichterungen für KMU
Obwohl KMU oft über weniger Ressourcen verfügen, sind sie dennoch verpflichtet, Datenschutz-Folgenabschätzungen durchzuführen, wenn ihre Datenverarbeitung ein hohes Risiko birgt. Die Nutzung von Standard-Vorlagen oder Leitfäden der Datenschutzaufsichtsbehörden oder die Orientierung von DSFA Bewertungen von Verbänden kann hilfreich sein.


Muss-Liste für die Datenschutz-Folgenabschätzung

Die Muss-Liste oder auch Blacklist ist eine Liste mit Verarbeitungsformen, für die aufgrund eines hohen Risikos für Rechte und Freiheiten natürlicher Personen eine Datenschutz Folgenabschätzung durchzuführen ist.

Erstellt wird sie vom DSK, dem Gremium aller deutsche Datenschutzaufsichtsbehörden und gilt bundesweit. Die Landesdatenschutzbehörden erstellen dazu ergänzende Empfehlungen. Grundsätzlich kommt es aber nicht zu unterschiedlichen Ausführungen in verschiedenen Bundesländern.


Gibt es auch DSFA Whitelists?

Eine Whitelist enthält Verarbeitungstätigkeiten, für die keine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) erforderlich ist, weil sie als niedriges Risiko eingestuft werden. Es gibt keine bundesweit verbindliche DSFA-Whitelist. Allerdings haben einige Datenschutzbehörden und Institutionen unverbindliche Positivlisten veröffentlicht, z. B. der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) und einige Landesdatenschutzbehörden (z. B. LfDI Baden-Württemberg) haben Listen mit unproblematischen Verarbeitungstätigkeiten veröffentlicht.


Wie wird eine DSFA durchgeführt?

Wie läuft eine Datenschutz-Folgenabschätzung in Unternehmen ab? Die wichtigsten Schritte haben wir hier zusammengefasst:

Prüfung der DSFA-Pflicht

Zunächst sollten Unternehmen prüfen, ob sie eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchführen müssen. Eine DSFA ist verpflichtend, wenn eine hohe Gefahr für die Rechte und Freiheiten von Betroffenen besteht. Folgende Fragen sind hilfreich:

Handelt es sich um eine risikobehaftete Verarbeitung?
Bestimmte Arten von personenbezogenen Daten sind für ein hohes Risiko bekannt. Vorsicht ist geboten bei:

  • Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, wie Gesundheitsdaten oder biometrische Daten.
  • Automatisierte Entscheidungsfindung oder Profiling, das erhebliche Auswirkungen auf Betroffene hat.
  • Überwachung von Personen in öffentlich zugänglichen Bereichen.
  • Abgleich oder Zusammenführung großer Datenmengen aus verschiedenen Quellen.

 Gibt es eine Blacklist der Aufsichtsbehörden?
Die Datenschutzkonferenz (DSK) hat eine Liste von Verarbeitungstätigkeiten veröffentlicht, bei denen eine DSFA verpflichtend ist. Unternehmen sollten prüfen, ob ihre Verarbeitung darunter fällt.

Gibt es eine bereits durchgeführte DSFA für ein ähnliches System?
Falls ein vergleichbares System oder eine ähnliche Datenverarbeitung bereits geprüft wurde, kann diese Bewertung als Grundlage dienen, um den Aufwand zu reduzieren.

Schritt 2: Beschreibung der Verarbeitung

Damit die Risiken der Datenverarbeitung bewertet werden können, muss die Verarbeitung detailliert beschrieben werden.

  • Welche Daten werden verarbeitet?
  • Wer sind die betroffenen Personen? (z. B. Kunden, Mitarbeiter, Patienten)
  • Zu welchem Zweck werden die Daten verarbeitet
  • Welche Technologien kommen zum Einsatz? (z. B. KI, Cloud-Dienste)
  • Wer hat Zugriff auf die Daten? (intern/extern)
  • Wie lange werden die Daten gespeichert?
  • Werden die Daten weitergegeben? (z. B. an Dritte oder in Drittstaaten?)

Schritt 3: Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit

Hier wird geprüft, ob die Verarbeitung gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.

 Ist die Verarbeitung erforderlich?

  • Gibt es eine rechtliche Grundlage (z. B. Vertrag, Einwilligung, berechtigtes Interesse)?
  • Ist die Verarbeitung alternativlos, oder gibt es weniger eingreifende Methoden?

Werden Datenschutzgrundsätze beachtet?

  • Datenminimierung: Es werden nur die notwendigsten Daten verarbeitet.
  • Zweckbindung: Die Daten werden nur für den festgelegten Zweck genutzt.
  • Speicherbegrenzung: Es gibt klare Löschfristen für die Daten.

Schritt 4: Risikoanalyse

Die Risikoanalyse dient dazu, mögliche Gefahren für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen zu identifizieren und zu bewerten. Mögliche Risiken sind Identitätsdiebstahl, Diskriminierung, wirtschaftliche Nachteile oder der Verlust der Vertraulichkeit von Daten. Die Bewertung erfolgt anhand der Schwere des Schadens (gering, mittel, hoch) und der Eintrittswahrscheinlichkeit (selten, möglich, wahrscheinlich). Liegt ein hohes Risiko vor, müssen technische und organisatorische Maßnahmen wie Verschlüsselung, Zugriffskontrollen oder Mitarbeiterschulungen ergriffen werden, um das Risiko zu minimieren. Anschließend wird geprüft, ob ein verbleibendes Restrisiko besteht. Falls dieses weiterhin hoch ist, muss die Aufsichtsbehörde konsultiert werden.

Schritt 5: Maßnahmen zur Risikominimierung

Um identifizierte Risiken zu minimieren, müssen technische und organisatorische Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Technische Maßnahmen wie Verschlüsselung, Pseudonymisierung und Zugriffskontrollen sorgen dafür, dass personenbezogene Daten geschützt und nur autorisierten Personen zugänglich sind. Ergänzend dazu tragen organisatorische Maßnahmen wie Mitarbeiterschulungen, klare Vertragsregelungen mit Auftragsverarbeitern und Notfallpläne zur Datensicherheit bei. Zudem sollten Unternehmen das Prinzip Privacy by Design und Privacy by Default berücksichtigen, indem Datenschutz von Anfang an in Systeme integriert und datenschutzfreundliche Voreinstellungen als Standard festgelegt werden.

Schritt 6: Dokumentation der DSFA

Eine DSFA muss vollständig dokumentiert werden, um bei Kontrollen nachweisen zu können, dass Datenschutzrisiken geprüft und minimiert wurden. Dazu gehört auch die schriftliche Umsetzung aller Schritte, vor allem aber der Risikoanalyse und der getroffenen Maßnahmen. Falls nach den umgesetzten Maßnahmen zur Risikominimierung weiterhin ein hohes Risiko bleibt, muss die Aufsichtsbehörde konsultiert werden.


Strafen bei fehlender oder fehlerhafter DSFA

Eine fehlende oder nicht korrekt durchgeführte DSFA kann erhebliche Folgen nach sich ziehen. Gemäß Artikel 83 Abs. 4 DSGVO droht in diesem Fall ein Bußgeld von 10 Millionen Euro oder 2 % des weltweiten Jahresumsatzes. Die Strafe kann erhöht werden, wenn ein schwerwiegender Datenschutzverstoß vorliegt. Dann drohen bis zu 20 Millionen Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes.

Die jeweiligen Aufsichtsbehörden können außerdem noch individuelle Sanktionen verhängen, zum Beispiel Verwarnungen oder die Anordnung, die DSFA nachzuholen; die Untersagung der Datenverarbeitung und auch weitere Zwangsgelder, wenn den Aufforderungen nicht Folge geleistet wird.

Kam es zu einem Datenschutzvergehen, können betroffene Personen Klage erheben und Schadenersatz fordern. Die finanzielle Bedrohung wird ergänzt um das Risiko des Reputationsverlusts und auch des Vertrauensverlustes bei etwaigen Geschäftspartnern.